Fasziniert von der Atmosphäre der Lagunenstadt Venedig, ihrem Reichtum und ihrer Architektur? Venezianischer Lebensart begegnest du auch außerhalb Venedigs an der Riviera del Brenta, der Seeküste zwischen Padua und Mestre. Auf einer Tagesreise auf dem Brentakanal folge ich den Venezianern in die Sommerfrische.
Wem es gelingt, den endlosen Strom der Touristen und Kreuzfahrtschiffe in Venedig auszublenden und sich auf die Stadt in der Lagune mit ihrer grandiosen Geschichte einzulassen, dem öffnet sich eine faszinierende Welt. Am Anfang wollte mir das nicht recht gelingen. Ich bin nicht so gern Teil einer Masse und mag eine alltägliche Exklusivität – das sich besonders fühlen. Doch seit ich dem Drang Venedig zu besuchen nachgegeben habe, seitdem die Stadt mehrmals besucht habe und meine Strategie der thematischen Besuche (zum Beispiel Kunst, sakrale Bauten) anwende, entdecke ich Venedig immer wieder gern. Mit einem eigenen Plan behalte ich meine Souveränität auch im Angesicht endloser Touristenströme und Riesenpötte.
Auf in die venezianische Sommerfrische
Was ich bisher nicht wusste: Ich kann den Venezianern auch sehr gut außerhalb der Stadt auf der Spur sein, zum Beispiel mit einer Bootsfahrt auf dem Brentakanal (naviglio di Brenta). Der Brentakanal, ein natürlicher Arm des Brentaflusses, ist etwa drei Meter tief und komplett schiffbar. (Die Brenta entspringt bei Trient und mündet in der Lagune südlich von Chioccia in die Adria. Interessant: Der Fluss wurde umgeleitet, um eine Versandung der Lagune zu vermeiden.) Venedigs Lebensart entdeckt sich am besten auf dem Wasser – natürlich per Boot.
Auf dem BrentakanalIn den Sommermonaten Juni bis September entflohen die reichen Venezianer der Enge der Lagunenstadt in ihre Villen auf dem Festland. Auf dem zur Republik Venedig gehörenden Festland – in den heutigen Provinzen Venedig, Padua, Treviso und Piacenza gab es über 3.000 venezianische Villen. Am Brentakanal waren es im 18. Jahrhundert allein 40 Villen. Die Venezianer reisten in der Sommerzeit von Villa zu Villa, von Bankett zu Bankett, lebten ein sehr fröhliches, geselliges Leben.
Erhalten und zu besichtigen sind heute noch 80 Villen.
Venedig – Handelsimperium im Wandel der Zeit
Während ihres Aufstiegs zur Großmacht hatte die Seerepublik Venedig weite Gebiete um die Adria bis nach Kreta kolonisiert. Venedigs Reichtum basierte auf seinem Salzmonopol, dem Import von und Handel mit Getreide und dem Handel mit Luxusgütern wie Seide und Elfenbein, Gewürzen und Parfüm. Auch den Handel mit Gütern aus Nord- und Westeuropa wie Gold, Bernstein, Holz und Eisen kontrollierte die Lagunenstadt. Mit der Verlagerung des Handels auf den Atlantik nahm Venedigs Bedeutung als Handelsimperium rapide ab. Im 17. Jahrhundert verlor die Seerepublik Venedig das Monopol für den Gewürzhandel mit der Levante (Länder des östlichen Mittelmeers wie Syrien, Türkei, Libanon). Sie hatte sich jedoch seit dem 15. Jahrhundert mit zahlreichen Eroberungen auf das Festland ausgedehnt, einerseits um den Handel in der Po-Ebene und mit West- und Nordeuropa zu kontrollieren und andererseits selbst Lebensmittel produzieren zu können.
Leben auf der Gondel
Auf ihren Landgütern errichteten die reichen Venezianer prächtige Villen und Parks, auf denen sie die heißen Sommermonate verbrachten. Bereits die Flussreisen in die Sommerfrische mit der Burchiello genannten Gondel waren ein Fest. Eine Gondel war elf Meter lang und besaß eine Kammer, die als eine Art Büro genutzt werden konnte. Jede Familie hatte zwei Gondoliere zur Verfügung. Die Gondeln wurden nicht mit Motoren betrieben, sondern glitten still, angetrieben mittels Muskelkraft, über das Wasser. Zur Austarierung des eigenen Körpergewichts besaß jeder Gondoliere einen „Schlüssel“.
Besuch in der Villa Pisani
In Strà, acht Kilometer von Padua entfernt gehen wir an Bord des Burchiello. Vor der Reise besuchen wir die prächtige Villa Pisani. Sie ist eher repräsentativer Palast als Villa. Kein Wunder, denn sie wurde 1720 von dem venezianischen Adligen Alvise Pisani beauftragt, um seine Wahl zum Dogen Venedigs zu feiern. Er war der 114. Doge Venedigs und so erhielt die Villa 114 Zimmer. Wenn auch die Wandbehänge unter dem Licht der Jahrhunderte vergilbt und nachgedunkelt sind und die Möbel abgenutzt und staubig wirken, die Inneneinrichtung ist original erhalten – die Zeit hinterlässt eben Spuren! Höhepunkt der schon von den besten Künstlern seiner Zeit gestalteten Villa ist das Deckenfresko im Ballsaal von Giovanni Battista Tiepolo, einem der berühmtesten Barockmaler Venedigs.
Die Pisani-Familie, eine der reichsten Familien Venedigs, besaß beeindruckende Paläste in der Stadt und Ländereien, die große Gewinne einbrachten. 1797 übergab der letzte Doge die Stadt Venedig an Napoleon, später fiel Venetien an die Österreicher. Napoleon kaufte die Villa Pisani 1807, fand sie dann aber für sich zu klein, nachdem er dort einmal übernachtet hatte.
Unter der Herrschaft der Österreicher wurden viele der venezianischen Villen militärisch genutzt. Heutige private Eigentümer von Villen kämpfen mit den hohen Kosten der Erhaltung und Restaurierung.
Tagesreise mit dem Burchiello
Der Brentakanal wird heute nur noch zu touristischem Zweck befahren. Man kann mit dem Burchiello, so hießen die Boote in venezianischer Zeit, von Padua bis nach Venedig reisen und dabei die Fahrt für Besichtigungen und Mahlzeiten unterbrechen. Während der Wasserreise passiert man neun Brücken und fünf Schleusen.
Nützliche Links
- Il Burchiello Informationen für eine romantische Bootsfahrt
- Villa Pisani
- Città della Riviera del Brenta
Offenlegung: Zu den geschilderten Einsichten in die venezianische Lebensart hat mir eine Einladung der Stadt und Provinz Padua #visitpadua verholfen. Die Initiative hierzu lag bei Gian von Italia Blogtour. Herzlichen Dank dafür. Ich hatte diese Nachhilfe nötig – das hier Geschilderte ist jedoch ganz meine eigene Meinung. Alle Berichte zur #EduPadua Blogtour findet Ihr unter #EduPadua auf ItaliaBlogtour.