Stadtabenteuer in Rom

Aufgrund ihrer Fülle und des Anspruchs, umfassend über ein Reiseziel zu informieren, können Reiseführer schon mal überwältigen. Mit den »Stadtabenteuern« aus dem Verlag Michael Müller passiert das nicht. Der Band »Rom Stadtabenteuer « beschränkt sich auf 33 Erlebnisse – von kostenlos bis günstig. Das ist fast so, als führten Einheimische durch ihre Stadt – direkt in ihr Herz.

Was bleibt von einer Reise in Erinnerung? Meist sind es die kleinen Zugänge, die wir auf Reisen ganz ungeplant erschließen und über die wir uns mit einem Ort verbinden. Eine Begegnung, ein Platz, ein Moment. Wenn wir uns eine Stadt mit vielen anderen Besuchern teilen müssen, ist es umso schwieriger, einen solchen Zugang zu finden. Die Reiseführer aus der Reihe »Stadtabenteuer« wollen mit ihren Erlebnissen genau solche Zugänge bieten.

Weniger ist mehr – Erlebnisse statt Besichtigungen

Die Großstadt ohne Stress? Witzige, skurrile und entspannende Tage im Touristenmagnet Rom? Das geht! Beim Picknick im Park verwandelt sich die chaotische capitale in eine wunderbar grüne und stille Stadt. In lauen Sommernächten werden die Caracalla-Thermen zur atmosphärischen Opernbühne. Das Verweilen an der Mittagslinie Linea Clementina lässt Raum zur melancholischen Reflektion über die Lebenszeit.

Wo Reiseführer sonst wie auf unzähligen Katalogseiten Sehenswürdigkeiten wie Produkte auflisten, schlägt der Band »Rom Stadtabenteuer« pro Kapitel vier Erlebnisse vor (fünf, sechs oder mal nur zwei). Die Kapitel basieren auf Stadtvierteln, so dass man als Leser auf jeden Fall die Orientierung behält. Nur vier Erlebnisse zwischen Stazione Termini und Villa Borghese? Wer das denkt, den möchte ich beruhigen. Besichtigen, Essen, Ausgehen, Shoppen und Schlafen werden nicht ausgespart und am Kapitelende auf sechs Seiten ergänzt. Der Vorteil? Es bleibt Platz für einen kleinen Erlebnisbericht und(!) Geschichten zum Ort und den wichtigsten praktischen Informationen natürlich auch. Dieser Reiseführer ist ein klares Plädoyer gegen Besichtigungsmarathons und den Alles-gesehen-haben-müssen-Wahn.

Zur Sache in acht Kapiteln

In acht Kapiteln: Zwischen Termini und Villa Borghese, Antike, Centro Storico I, Centro Storico II, Vatikan und Engelsburg, Trastevere und Monteverde, Testaccio und Ostiense und Ausserhalb der Stadtmauern bringen uns die Autoren Sabine Becht und Sven Talaron nach Rom. Nach einer Seite »Ankommen« (wichtige Fakten zur Stadt) und »Rumkommen« (zum öffentlichen Nahverkehr in Rom und zur Fahrradtauglichkeit Roms – nee!) geht es gleich in medias res. Dass der Band auf Angaben zur Landeskunde verzichtet – aber zwischendurch ist immer Platz für Hintergrundinformationen – unterstreicht, es geht vor allem um unseren erlebnisreichen Aufenthalt in Rom. Und nicht darum, die römische Geschichte und Befindlichkeiten zu durchdringen.

Das Kapitel startet mit einer Doppelseite zur Orientierung. Auf einem Ausschnitt des Stadtviertels sind die wichtigsten Straßen benannt, grau unterlegt die bekanntesten Sehenswürdigkeiten verortet (schön die Skizzen für das Wiedererkennen) und die Erlebnisse des Kapitels farbig (in der Farbe des Bandes, hier dunkelgrün) verortet. Daneben wird das Kapitel auf einem Gesamtumriss Roms zugeordnet. Vom Schreibtisch aus scheint mir das eine gelungene Beschränkung auf das zur Orientierung Notwendige. Auch hier – weniger ist mehr. Drei Doppelseiten mit weiteren Sehenswürdigkeiten, Restaurants, Bars, Geschäften und Hotels beschließen jedes Kapitel. Ich als Leser verbleibe so mit einem Gefühl von Vollständigkeit zurück, aus meiner Sicht völlig ausreichend.

Überraschung, Geheimnisse, Gefahr – So gehen Stadtabenteuer

Dem Steckbrief zum Wo (Adresse und Haltestellen ÖPNV), Wann (Öffnungszeiten), Wie lange (Aufenthaltsdauer) und wie viel (Eintritt) folgen drei Seiten Erlebnisbericht und Hintergrundinformationen mit Fotos. Dank des lockeren Plaudertons und des Wortwitzes pures Lesevergnügen. Und man merkt den Autoren die Freude an, uns Lesern ihre Stadt nahebringen zu können. Das ist show statt tell, hier muss nicht Insiderwissen draufstehen, das strahlt aus den Geschichten heraus. Zu jedem Erlebnis nennen die Autoren am Schluss drei bis vier Orte in der Nähe »Wenn man schon mal hier ist«, weiterführende Tipps zu Museen, Plätzen und Cafés.

Nun, Abenteuer steht drauf, aber sind wirkliche Abenteuer darin? Stadtabenteuer ist ein subjektiver Begriff, oder? Was gehört zu einem Abenteuer in der Stadt? Überraschung, Grusel, Geheimnisse, Ungewissheit, Gefahr! Alles dabei! Die Stadt muss kein Dschungel sein, es reichen sieben Hügel, Tuffstein und 3000 Jahre Geschichte! (Ha, als ob das wenig wäre!) Sehr hilfreich ist die Sortierung der Erlebnisse nach Tageszeiten (auf dem Rückumschlag): morgens/vormittags, mittags/nachmittags, abends/nachts.

Und im Winter?

Es ist kaum zu überlesen – ich bin ein großer Fan dieses reduzierten Konzepts und von Abenteuern und Erlebnissen sowieso. »Rom Stadtabenteuer« ist eine vollends gelungene Erlebnissammlung, mit der ich gern durch Rom ziehen werde. Verzichten kann ich auf Texte in Großbuchstaben (Ankommen), aber das war nur ein kleines Stückchen und ist eine reine Stilfrage.

Große Lust gleich loszuziehen! Rom im Dezember? Ach ja, vielleicht findet eine Sortierung nach Jahreszeiten auf dem Umschlag Platz. Wer sich angesichts fehlender Zeitstränge und Erklärungen zum Reich der Römer unterfordert fühlt; zum Glück gibt es aus der Feder der beiden preisgekrönten Autoren auch den MM Stadtführer Rom.

Bibliografie

Sabine Becht, Sven Talaron: Rom Stadtabenteuer. Michael Müller Verlag, 2020. 240 Seiten. ISBN 978-3-95654-828-4

Ein Tipp für Rom-Erstbesucher: Eine geführte Tour in den Vatikanischen Museen und der Sixtinische Kapelle ohne Anstehen.

Kategorien Mittelitalien Städtereise

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Stefanie lebt mit italienischer Familie am Lago Maggiore, im Norden des Piemont. Einen Ort entdecken heißt alle Sinne nutzen – sehen, hören, zuhören, berühren, schmecken. Die Sprache sprechen kann Wunder bewirken oder ein Tanz zu lokaler Musik!

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