Montorfano (794 m) ist ein großer Batzen weißer Granit und liegt direkt zwischen den Seen Lago Maggiore und Lago Mergozzo. Letzterer ist ursprünglich ein Stück Lago Maggiore, heute aber abgetrennt und einer der saubersten Badeseen Norditaliens. Eine Wanderung auf oder um Montorfano kommt einer Zeitreise gleich: Schon die Römer nutzen den Ort als Steinbruch. Die verschiedenen Methoden der Granitgewinnung lassen sich an den am Weg liegen gelassenen Steinblöcken nachvollziehen. Ob Stazione Centrale in Mailand oder die barocken Säulengänge und portici in Turin, der Beitrag Montorfanos für diese ist nicht zu übersehen. Wer um Montorfano herumwandert, findet ein Museum unter freiem Himmel und grandiose Ausblicke auf die Seen – auch an sonnigen Wintertagen.
Mont‘Orfano
Montorfano, Waisenberg oder alleinstehender Berg, ist der Name des Berges und eines alten Bergdorfes mit einer uralten, romanischen Kirche. Am derselben Stelle stand schon im 6. Jahrhundert eine Kirche, wie der Fund eines frühchristlichen Taufbeckens und die Ausgrabung der Grundmauern dieser Karolinger-Basilika an der Südseite der Kirche zeigen.
Die Geheimnisse der Steinbrecher
Grau gesprenkelt und körnig, so habe ich Granit vor Augen. Granite, der Name kommt von granum (lat.) für Korn, sind grobkristalline Tiefengesteine, die oft dunkle Minerale enthalten. Granit assoziiere ich mit Härte („hart wie Granit“). Deshalb will ich wissen, wie der Granit gewonnen und geschnitten wird. Für eine der ältesten Techniken zum Brechen des Granits werden Holzkeile in dafür in den Stein geschlagene Löcher gesteckt. Die Holzkeile sogen sich mit Wasser voll, dehnten sich aus und lösten einen Block vom Stein.
Bei der späteren Punciotti-Technik wurden in Löcher entlang des natürlichen Bruchverlaufs des Granit Metallspitzen eingeführt, die mit dem Hammer bis zur Entstehung eines Spalts bearbeitet wurden. So erhielt man Steine mit präziseren Bruchlinien. Am Ende des 18. Jahrhunderts begann man, Schießpulver zu nutzen. Tiefe Löcher, die man mit Vorschlaghämmer und Eisenmeißeln in den Stein arbeitete, wurden mit Schießpulver und Zündschnur gefüllt und danach mit Lehmerde verschlossen. Seit den 1970er Jahren werden nur noch kleinste Sprengladungen in kontinuierliche Lochreihen eingeführt und lösen die Granitblöcke präzise und vollständig vom Berg.
Rundumblick auf dem Gipfel
Schon während des gemütlichen Aufstiegs bietet sich ein weiter Ausblick auf den Lago Maggiore mit seinem Zufluss Tossa (Toce) und dem Schwemmland an ihrer Mündung. Der Borromäische Golf mit den oft beschriebenen Inseln, die Siedlungen von Verbania, das weit in den See hineinzuragen scheint.
Folge ich der Tossa in nördlicher Richtung sehe ich den Beginn des Ossolatals, rechts eingerahmt von den Spitzen der Corni di nibbio, den Hörnern des Rotmilans, die die Grenze zum Val Grande Nationalpark bilden. Am Beginn des Tals schlängelt sich eine Straße den Berg hinauf: Hier liegt die berühmte Marmormine von Candoglia, die noch immer den Mailänder Dom mit Baumaterial versorgt.
Cadorna-Linie
Auf dem Gipfel erwarten uns unter einer leichten Schneedecke die kleinen Bunker einer alten Verteidigungslinie: der Cadorna-Linie, Linea Cadorna. Luigi Cadorna war 1914 Chef des italienischen Generalstabs. Nach Italiens Seitenwechsel im Ersten Weltkrieg erwartete der General aus Verbania Pallanza eine deutsche Invasion über die wenig verteidigungsbereite Schweiz. Zum Schutz seiner Heimat verfügte Cadorna den Bau einer 700 km langen Verteidigungslinie entlang der italienisch-schweizerischen Grenze, aus 300 km langen befahrbaren Militärstraßen und 400 km Maultierwegen, nebst Schützengräben und Artilleriestellungen. Die Wege und Straßen belebten damals die Region und sind heute bequem für Mountainbike und zum Wandern.
Linktipp
- Granitmuseum, Öffnungszeiten: März bis Juni und September bis Oktober Samstags und Sonntags von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Juli und August täglich außer Montags von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr